wilde perspektiven

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Sonntag, 21. Juni 2015

Der Grünspecht, ein neuer Brutvogel für Emden

Der Titel klingt so offiziell.

Und doch trügt er auch ein wenig, denn wahrscheinlich brütet der Grünspecht bereits seit ein paar Jahren in der Seehafenstadt. Und möglicherweise sind es sogar schon zwei bis drei Paare, die in Emden eine neue Heimat gefunden haben.

Trotzdem kann natürlich erst dann ganz offiziell von einem Brutvogel die Rede sein, wenn man den entsprechenden Nachweis erbracht hat. In diesem Fall waren es vier frisch ausgeflogene Grünschnäbel, die mir am vergangenen Donnerstag (19. 6. 2015) auf dem Friedhof Tholenswehr in Wolthusen begegneten. 

Einen davon konnte ich als Beleg fotografieren:

record shot of a European Green Woodpecker fledgling at cemetery Tholenswehr – this bird and his three siblings constitute the first breeding record ever for Emden. Encounters with Green Woodpecker had increased within the city limits the previous years, so this last evidence had only been a question of time

Im Brutvogelatlas Stadt Emden von Klaus Rettig (Emden) aus dem Jahr 2007 taucht der Grünspecht noch nicht auf. Neben dem allgegenwärtigen Buntspecht wird hier als einzige weitere Specht-Art der Kleinspecht als gelegentlicher Brutvogel genannt. Ob der Grünspecht vor 2007 überhaupt jemals in Emden beobachtet werden konnte, ist mir nicht bekannt, weil der Brutvogelatlas eben ein Brutvogelatlas ist und somit nicht auf das Auftreten von Gastvögeln eingeht.

Seit meinem Umzug von Aurich nach Emden vor dreieinhalb Jahren haben Begegnungen mit dem Grünspecht in dieser Stadt deutlich zugenommen. Das hat mir auch Klaus Rettig bestätigt, der den hübschen Vogel in dieser Zeit auch schon mehrfach in seinem Hausgarten an der Danziger Straße (Herrentorviertel) beobachten konnte. Doch der letzte Beweis für eine erste erfolgreiche Brut in der Stadt war bis zum letzten Donnerstag ausgeblieben.

Der vor allem stimmlich sehr auffällige Grünspecht ist in Ostfriesland gar nicht so selten. Er kommt hier vor allem auf der Geest vor (um Aurich zum Beispiel), wo er parkähnliche Landschaften, größere Wälder und Siedlungsbereiche bewohnt. In der an alten Bäumen armen Marsch hingegen konnte ich ihn außerhalb Emdens nur zweimal am Bolzplatz in Rysum beobachten. Trotzdem kann ich ihn mir zum Beipiel auch in Pewsum und vielleicht noch in anderen Ortschaften vorstellen.

Neben alten Bäumen für den Bau der Höhle benötigt der Grünspecht Flächen mit fehlender, schütterer oder wenigstens kurzer Vegetation. Denn als so genannter Erdspecht sucht er seine Nahrung – vor allem Ameisen in allen Entwicklungsstadien – fast ausschließlich am Boden. Auf akkurat gepflegten Rasenflächen hüpfen Grünspechte ebenso umher wie auf Parkplätzen und Bürgersteigen, wo sie dann wegen ihres exotischen Aussehens auch von Menschen wahrgenommen werden, die mit Vogelkunde nicht viel am Hut haben. Es verhält sich hier also ähnlich wie beim Wiedehopf (siehe letzten Bericht: klick!).

Übrigens waren bessere oder auch nur mehr Bilder von den Grünspechten nicht drin, weil sowohl die Jung- als auch die Altvögel megascheu waren und sind. Und das, obwohl sie sich doch auf einem viel besuchten Friedhof längst an die Kreatur Mensch gewöhnt haben sollten.

Merksatz: Herzlich willkommen in Emden, lieber Grünspecht!


Diese Flussseeschwalbe an der Knock hatte wenige Sekunden zuvor einen kleinen Fisch erbeutet:

















Common Tern

Wie in den vergangenen Jahren haben auch 2015 wieder einige Paare das kieselige Flachdach des Schöpfwerkes an der Knock als Niststandort ausgewählt. Wie viele es genau sind, kann ich nicht sagen, weil ein Teil der Vögel eigentlich immer durch Abwesenheit glänzt.

Merksatz 2: Jedenfalls wünsche ich den eleganten Seeschwalben auch in dieser Saison einen guten Bruterfolg!


An einem kalten und windigen Tag im Juni (13. 6.) legte dieser Distelfalter auf der betonierten Uferbefestigung der Ems in der Nähe des Restaurants Strandlust eine Pause ein:

this Painted Lady doesn't like this cold weather

Ich entdeckte diesen im Zustand der Ruhe eigentlich gut getarnten Schmetterling nur deshalb, weil er zuvor vor mir aufgeflogen war.

Genauso erging es mir mit dem Taubenschwänzchen auf dem folgenden Bild, das ebenfalls nichts Gutes über das Wetter in Ostfriesland zu berichten wusste:

Hummingbird Hawk-moth

Aufgenommen am selben Tag und am selben Ort:

Beide Arten können unseren harten norddeutschen Winter nicht stemmen. Weder als Ei oder Raupe noch als Puppe oder Falter. Deshalb müssen sie immer wieder aufs Neue aus dem Süden zu uns einfliegen.

Wie der Distelfalter ist das Taubenschwänzchen ruhend bestens getarnt. Doch bei der Nahrungssuche stellt es eine auffällige Erscheinung dar. Es besucht nämlich auch tagsüber gerne Gärten und dort tiefkelchige Blüten wie jene von Phlox, Ziertabak, Petunie oder Seifenkraut, um nur einige zu nennen.

Wenn die Falter dann mit schwirrenden Flügeln vor der Blüte in der Luft stehen und Nektar saugen, erinnern sie stark an Kolibris, worauf auch der englische Name dieser Art anspielt. Und ich erinnere ein Jahr, in dem das Taubenschwänzchen in und um Osnabrück ausnahmsweise so dermaßen häufig war, dass viele Gartenbesitzer auf die kleinen und für sie bis dahin unbekannten Invasoren hereinfielen und sie den Redakteuren der Neuen Osnabrücker Zeitung ganz aufgeregt als Kolibris meldeten. Ein kurzer und bebildeter Artikel brachte seinerzeit Licht ins Dunkel.

In den meisten Jahren tritt das Taubenschwänzchen aber eher selten in Norddeutschland auf oder fehlt sogar komplett. Nur auf dem kleinen Helgoland wird dieser knuddelige Falter wohl alljährlich festgestellt, aber auf dem roten Felsen landen auch immer wieder seltene Vögel an, die man auf dem Kontinent in seinem ganzen Leben nicht ein einziges Mal vor die Linse bekommt.


Rrrrummmmss!

Am 7. Juni stand ich nachmittags gerade unter der Dusche, als es plötzlich ein mächtig lautes Geräusch gab, das mich erschreckte und das ich nicht sofort einordnen konnte. Mein erster Gedanke dann nach ein paar Sekunden des Sammelns: Warum wirft sich Josef Matula gegen meine Wohnungstür?

Etwas überhastet beendete ich das Duschen und lief tropfnass durch die Wohnung. Ich warf einen zaghaften Blick ins Treppenhaus und anschließend in alle Räume.

Aber nichts, da war absolut nichts.

Doch als ich einige Minuten später mit dem Staubsauger die Anrichte in der Küche reinigte und durch die Durchreiche ins Wohnzimmer blickte, bemerkte ich den Grund für das Geräusch an einem der Fenster:




a Eurasian Collared Dove left a message behind for me

Schnell hastete ich auf den Balkon und fand dort auf dem Boden eine Türkentaube vor, die noch reichlich benommen wirkte. Immerhin, sie lebte! Es dauerte aber einige Minuten, bis der Vogel wieder alle Sinne beisammen hatte und davonfliegen konnte.

Seinen fettigen Abdruck werde ich ganz bestimmt nicht entfernen. Andere hängen sich irgendwelche Glaskugeln oder sonstige Staubfänger vor die Fenster, bei mir zeichnet ausschließlich die Natur verantwortlich für die Deko.


Schwarz-weiß und zum Abschluss gibt es heute einen hübschen Vierfleck, den ich im Wybelsumer Polder fotografiert habe:

Four-spotted Chaser (or Four-spotted Skimmer)