wilde perspektiven

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Donnerstag, 14. April 2016

Fadenmolch

Gemütlich fahre ich mit meinem Auto durch die Meeden.

Ostfriesland ist das Land der Gräben und Kanäle. Sie dienen vor allem der Entwässerung. Ich fahre und beobachte. Vor allem die Vögel rechts und links von mir ziehen mich in ihren Bann.

Ich halte kurz, weil ich die Kiebitze, die auf einer Weide stehen, mit dem Fernglas durchmustern möchte. In einem großen Trupp kann sich schließlich auch ein seltener Gast befinden. 

Doch ich finde keinen.

Ich gebe wieder Gas und schaue weiter nach links und rechts. Immer im Wechsel. Wie ein Zuschauer auf dem Tennisplatz. Gleichzeitig steuere ich geradewegs auf einen dieser vielen ostfriesischen Kanäle zu. Auf einen sehr breiten. Wenn ich auch nur ein einziges Mal einen Blick durch die Windschutzscheibe riskiert hätte, dann wäre mir das aufgefallen. Doch es fällt mir erst auf, als es schon zu spät ist!

Vor mir der breite Kanal, dem ich jetzt nicht mehr ausweichen kann. Ich sehe mich bereits im Wasser landen oder in die steile Böschung auf der anderen Seite knallen.

Alles geht ganz schnell. Ich bin paralysiert. Mein Herz bleibt stehen, ich hebe ab. 

Ich fliege! 

Ihr glaubt es nicht, aber mein Wagen und ich schaffen es auf die andere Seite, wie an einer unsichtbaren Schnur gezogen, in Zeitlupe und ohne ins trübe Wasser zu stürzen. Kurioserweise setzt sich die schmale Straße, die abrupt am Kanal endete, auf der anderen Seite fort. Das hat keinen Sinn, denke ich. Trotzdem fahre ich weiter und schaue wieder nach rechts und links aus dem Fenster, als wäre nichts gewesen.

Ich bleibe so gelassen, dass es mich selbst erstaunt. Es erstaunt mich so sehr, dass ich aufwache.


Ihr hättet mir eh nicht geglaubt, dass ich das erlebt habe, oder?

Es ist lediglich ein Traum aus der letzten Nacht, den ich hier wiedergebe.  


Nicht geträumt habe ich die Sache mit dem Fadenmolch im Collrunger Moor:

Palmate Newt – this male constitutes probably the very first record for Ostfriesland! 

Within a short time I managed to catch seven specimens at Collrunger Moor. Never before this species had been seen or just expected in Ostfriesland, although it seems to be rather common at this location. Maybe there are further populations of Palmate Newt in Ostfriesland what has to be investigated in future. The only newt species that has been mentioned so far for this northwesternmost part of Germany is the Smooth Newt

Normalerweise benutze ich keinen Kescher.

Normalerweise laufe ich einfach nur durch die Gegend.

Das allerdings mit geschärften Sinnen.

Warum ich an diesem Samstag (9. April 2016) plötzlich doch einen Kescher in der Hand hielt, kann ich nicht erklären. Zuvor hatte ich jedenfalls Moorfrösche fotografiert. Ich beendete die Knipserei aber, weil mir das Licht nicht mehr gefiel.

Ich lief zum Auto, um was zu essen. Und da sah ich ihn, den Kescher mit seinem blauen Griff. Geil, so dachte ich, das wäre doch bestimmt eine spannende Sache. Ich nahm ihn und eilte zurück ins Moor. Natürlich erst, nachdem ich mir eine Stulle quer ins Maul geschoben hatte. Ein alter Torfstich direkt neben dem Weg war zuerst an der Reihe. 

Und ihr glaubt es nicht, gleich der erste Versuch war ein Überraschungserfolg:

Ninespine Stickleback - did not expect this guy in a bog. This species is well known for its modesty relating to water quality. Ninespine Stickleback does not even care about a high concentration of humic acid or a low oxygen content. He doesn't care about anything


Ein Neunstachliger Stichling zappelte in meinem Netz! 

Ich wusste, dass diese Art nahezu überall leben kann, aber in einem Torfstich hätte ich sie trotzdem nicht erwartet. Denn angeblich können Fische dort wegen der Huminsäure und Sauerstoffarmut nicht leben. Ich hätte es besser wissen müssen, ist der Neunstachlige Stichling doch die Edkröte unter den heimischen Fischen. Die Wasserqualität ist ihm scheißegal, er kennt absolut keinen Schmerz. Wahrscheinlich lebt er sogar in Jauchegruben.

Ich gab ihn behutsam zurück ins Wasser und setzte meine Nachforschungen fort. 

In all dem Mulm und Matsch bewegte sich wenig später schon wieder etwas. Es war ein Molch, den ich für einen weiblichen Teichmolch hielt und zurück ins Wasser setzte. Ja, Kinners, da hatte ich die Schere im Kopf. Weil in Ostfriesland bis zu diesem Tag nur der Teichmolch nachgewiesen worden war, hielt ich das Tier eben auch für einen Teichmolch, ohne es genau zu betrachten. Trotzdem hatte ich auf die Schnelle bemerkt, dass der Molch winzig war und eine komplett zeichnungslose blassgelbe Unterseite besaß. Nachdem ich ihn bereits wieder freigelassen hatte, dachte ich retardiert: Mensch, irgendwie sah der doch wie ein Fadenmolch aus!

Ich hatte Glück, denn die Bestätigung folgte nur wenige Minuten später, als ich dieses Männchen fing:




in total I have taken photographs of three different males and one female

Insgesamt konnte ich an diesem Tag und in diesem Torfstich innerhalb nur einer Stunde sieben Fadenmolche keschern.

Und gefühlte 4000 Stichlinge.

Derselbe wie oben:

same

Aber ein Teichmolch wollte mir einfach nicht ins Netz gehen.

Vielleicht kommt der in diesem Gebiet auch gar nicht vor. Die beiden Vergleichsaufnahmen, die ich weiter unten präsentiere, jeweils einmal ein Weibchen und ein Männchen, habe ich an einem kleinen Gewässer ganz in der Nähe, aber außerhalb des Moores gemacht.

Hier mal ein Bild vom Torfstich (beachte die Schwingrasen aus Torfmoosen im Hintergrund):

habitat of Palmate Newt and Stickleback at Collrunger Moor


Warum hatte ich den Fadenmolch im Collrunger Moor nicht erwartet?

Eben weil es zuvor keine Nachweise aus Ostfriesland gegeben hat. Diese Art ist vor allem eine westeuropäische. Quer durch unsere Republik verläuft ihre östliche Arealgrenze. Zwar gibt es Vorkommen in Thüringen und Sachsen und auch im Harz, aber in weiten Teilen der neuen Bundesländer fehlt er komplett. Im Westen ist die Art weiter verbreitet, doch auch hier existieren große Lücken. In Niedersachsen kommt der Fadenmolch dem Anschein nach nur punktuell vor.


Ich selbst fand ihn vor vielen Jahren im Gehn bei Bramsche im Landkreis Osnabrück

Dort ist er der häufigste Molch. Trotzdem hatte man ihn im Gehn zuvor nie nachgewiesen. Und das liegt nicht etwa daran, dass ich besonders pfiffig bin, es ist dem Desinteresse der Menschen geschuldet. Es gibt nämlich einfach nur sehr wenige Zeitgenossen, die sich überhaupt für solche Tiere interessieren und sich mit ihnen beschäftigen. Und das bedeutet, dass man existierende Verbreitungskarten niemals als Aussschlusskriterium für das Auftreten einer Art an einem bestimmten Ort nutzen sollte. 

Übrigens gilt das auch im Umkehrschluss, weil so manche Meldung auf Fehlbestimmung beruht und so ein Vorkommen einer Art suggeriert, das nur im Hirn des Beobachters existiert.

So ganz überraschend ist der Fund des Fadenmolches im Collrunger Moor allerdings auch wieder nicht.

Denn rund um Oldenburg scheint es einen kleinen Verbreitungsschwerpunkt dieser Art innerhalb Nordwestdeutschlands zu geben. Das sind gerade mal etwas mehr als 50 Kilometer Luftlinie! Ein Vorkommen, das auf ausgesetzte Tiere zurückgeht, halte ich angesichts der Oldenburger Populationen für unwahrscheinlich. Komplett ausschließen kann man das in der heutigen Zeit natürlich auch nicht.

Ob er sich seiner Bedeutsamkeit bewusst ist?








Dieser Nachweis lässt jedenfalls die Hoffnung in mir aufkeimen, dass auch weitere Arten wie Kammmolch und Bergmolch in Ostfriesland vorkommen könnten.

Vom Bergmolch gibt es, wie im Falle des Fadenmolches, zahlreiche Fundpunkte ebenfalls um Oldenburg herum. 

Und auch die nahesten Kammmolch-Vorkommen versprechen mehr.


Es ist übrigens kein Zufall, dass gerade Gebiete in Großstädten und um sie herum besonders gut untersucht sind. Existiert in der Stadt auch noch eine Universität, in OL und auch in Osnabrück ist das der Fall, dann kann man davon ausgehen, dass im Rahmen diverser Projekte, Diplomarbeiten und Praktika auch Gewässer im näheren Umkreis hinsichtlich ihrer Lebensgemeinschaften immer mal wieder unter die Lupe genommen werden. 

Das ist auf dem Dorf abseits der Ballungszentren selten der Fall.

Darüber hinaus ist es ein Märchen, dass Menschen, die auf dem Land leben, automatisch einen stärkeren Bezug zur Natur haben. Der Anteil von an Fauna und Flora interessierten Menschen an der Bevölkerung ist hüben wie drüben wahrscheinlich nahezu identisch.

Weil aber in einer Großstadt viel mehr Menschen leben, gibt es dort auch mehr Naturfreaks, die ihre Umgebung mit anderen Augen sehen als der Durchschnittsbürger.

Die Kerbe im Schwanz ist übrigens nicht die Regel.

Vielleicht hat da mal jemand nach dem Molch geschnappt:

Kann man den essen?

a strange encounter under water, when Palmate Newt meets Nepa cinerea. Both were thinking the same: can I eat him? No, I can't. He is much to big for me

Diese Frage haben sich wohl beide gestellt, der Fadenmolch ebenso wie der Wasserskorpion.

Letzterer gehört zu den Wanzen und lebt vorzugsweise in stark verkrauteten Entwässerungsgräben mit schlammigem Grund. Er ernährt sich von anderen Organismen bis hin zu Kaulquappen und kleinen Fischen und ist recht häufig. Allerdings fällt er so gut wie nie auf, weil er oberseits ebenso gefärbt ist wie das oft trübe Wasser, in dem er lebt. 

Auf dem Bild ist die rote Unterseite zu sehen. 

Der Wasserskorpion kann auch fliegen und sich auf diese Weise neue Lebensräume erschließen. Manchmal passiert ihm in diesem Zusammenhang ein Missgeschick. Dann landet er auf einer Windschutzscheibe, weil er sie für eine glitzernde Wasseroberfläche hält. 

Das habe ich vor Jahren ein einziges Mal erlebt. Noch häufiger passiert das aber anderen Tieren wie Rückenschwimmern und verschiedenen Wasserkäfern.

Im Zusmmenhang mit dem Wasserskorpion sei auch noch erwähnt, dass man beim Einrichten des Aquariums ganz ohne Absicht Tiere hineinverfrachtet, die man im Substrat zunächst gar nicht wahrgenommen hatte. Plötzlich tauchten gleich mehrere Wasserspinnen vor mir auf. Weil sie sich nur blicken ließen, wenn sie zum Tanken an die Wasseroberfläche eilten, konnte ich sie aber nicht fotografieren. Die waren einfach zu flink für mich.


Das Kerbschwanzmännchen in Balzposition:

male's display posture. Very nice you can see the short thread at the end of the tail, which gave this newt his German name

Nebenbei kann man hier sehr schön den Faden erkennen, der die Schwanzspitze bildet und dem Tier seinen deutschen Namen eingebracht hat.

Die Frau befand sich leider knapp außerhalb des Bildes.

Hier mal ein Bild von ihr:

the female was thinking: I am a celebrity, get me out of here!

Ich will hier raus, schien sie zu denken. Und ich schenkte ihr die Freiheit zurück, weil ich es konnte. Aber vor allem deshalb, weil ich ihr diese Freiheit vorher genommen hatte.

Das ganze Tier:



same

Und noch ein Bild von der Dame:

same

Die Balz der Molche ist übrigens ein echtes Schauspiel, aber das könnt ihr woanders nachlesen, wenn ihr mögt. Oder ihr schaut euch dieses Video an, das die Balz des Teichmolches zeigt: klick!

Einen Unterschied zum Fadenmolch gibt es in der Choreografie nicht.

Nochmal ein Portrait vom Weibchen:

same

Ich wusste bis zu diesen Tagen gar nicht, dass Fadenmolche moosgrün sein können.

Im Gehn bei Bramsche sahen sie von der Grundfärbung her ganz anders aus. Eher braun, zum Teil sogar gräulich. Sehr ansprechend finde ich auch dieses ebenfalls grüne, an den Seiten schwarz eingefasste Wellenband auf der Oberseite, das man auf dem letzten Foto zumindest erahnen kann.

Einfach nur geil, diese Tiere!

Zum Vergleich ein weiblicher Teichmolch aus Aurich-Brockzetel:

female Smooth Newt for comparison

Auf dem nächsten Foto sieht man sehr schön die zarten und langen Finger der rechten Hand des männlichen Fadenmolches:


this and coming images show exclusively males

Ihnen verdankt diese Art ihren englischen Namen: Palmate Newt bedeutet gefingerter Molch.

Nachdem ich den Fadenmolch im Collrunger Moor entdeckt hatte, musste ich allerdings ersr einmal wieder zurück nach Emden düsen, um aus meiner Wohnung ein kleines Aquarium zu holen, das ich vor vielen Jahren extra für diesen Zweck, also die Fotografie von Molchen in Wassertracht, im Raiffeisen-Markt in Aurich gekauft hatte. 

Ein weiteres Portrait vom männlichen Fadenmolch:



Und zum Vergleich ein männlicher Teichmolch, den ich wie auch das Weibchen in Brockzetel fotografieren konnte:

male Smooth Newt for comparison 

Das Bild zeigt das Tier kurz nach dem Luftholen.


Dass viele Amphibien wunderschöne Augen haben, hatte ich ja schon beim Grasfrosch erwähnt. Molche bilden da keine Ausnahme. Außerdem kann man hier erkennen, dass andere Molche zwar auch Finger haben, aber zumindest beim Teichmolch sind sie im Vergleich mit dem Fadenmolch deutlich kürzer. Das scheint aber nur für die Männchen zu gelten.


Oft sieht man übrigens Bilder von Molchen im Hochzeitskleid, die der Fotograf unsensibel an Land gestellt hat. Als Unterlage wird auch hier, wie beim Moorfrosch, gerne grünes Moos eingesetzt. Das sieht unschön aus und wird der Prächtigkeit dieser Tiere überhaupt nicht gerecht.

Setzt man sie in ein Aquarium, verhalten sich die Molche auf der Stelle völlig natürlich. Sie essen, sie balzen, sie schwimmen zur Wasseroberfläche, um Sauerstoff zu tanken, und im Falle der Weibchen befestigen sie sogar Eier am toten Pflanzenmaterial. 

Ich gestehe, ich bin nicht allein darauf gekommen. Gesehen hatte ich solche Bilder bei österreichischen Kollegen, die nicht einmal auf ihren Reisen auf ein kleines Aquarium im Handgepäck verzichten. 

Abschließend weise ich ausdrücklich darauf hin, dass alle Tiere völlig unbeschadet wieder in die Freiheit entlassen wurden.

Die ganze Fotosache hat gerade mal zwei Stunden in Anspruch genommen.




Ganz einfach ist die Aquariumfotografie aber auch nicht, weil sich im Glas immer irgendwelche blöden hellen Dinge spiegeln. Grashalme, Blätter und so weiter. Das sieht man auf den Bildern, wenn man nicht aufpasst. Leider auch auf einigen der hier gezeigten.

Und das Licht ist deswegen auch wieder von Bedeutung. Sonne verstärkt diese verfickten Reflexionen nämlich enorm.

Ich bin Supermäään!

Bezüglich seiner Laichgewässer ist der Fadenmolch eher ein Opportunist. 

Im Gehn besiedelt er in hoher Dichte u. a. kristallklare und völlig vegetationslose Steinbruchgewässer. Die Weibchen kleben ihre Eier dort einfach an den felsigen Untergrund, wie es auch jene des Kammmolches machen, der dort ebenfalls vorkommt. 

Kann man den essen (Teil 2)?

Molche haben sehr gute Augen, reagieren aber ausschließlich auf sich bewegende Subjekte. 

Wen genau dieser Fadenmolch da entdeckt hatte, kann ich nicht sagen. Das Tier sieht nach irgendeiner Larve aus, von was auch immer.

Wenn man Fotos von Molchen im Aquarium macht, dann sollte man auch darauf achten, dass die ganze Geschichte authentisch rüberkommt. Das bedeutet, dass man den Lebensraum eins zu eins nachstellt. Weil die Molche im Collrunger Moor in einem Torfstich leben, der größtenteils vegetationslos ist, legte ich einfach etwas Falllaub ins Wasser, dazu mulmartiges Substrat, das ich zuvor mit meinem Kescher und zusammen mit den Molchen an Land gehievt hatte. 

Beim Anblick des braunen Wassers fällt mir etwas ein.

Soll ich euch ein Geheimnis verraten?

Ihr müsst mir aber versprechen, dass ihr es nicht weitererzählt. Jeder meint immer, er könne es wenigstens einem anderen Menschen anvertrauen, und am Ende weiß es die ganze Welt. Ihr kennt das. Versprecht mir also, dass ihr dichthalten könnt.

Merksatz: Psssst, nicht so laut.

Diese Brühe, die bei oberflächlicher Betrachtung wie Club-Cola oder dünner Ersatz-Kaffee aus gerösteten Löwenzahn-Wurzeln aussieht, spielt seit Menschengedenken eine bedeutende Rolle in der Whisky-Herstellung.

Man mischt sie einfach mit norddeutschem Doppelkorn und zack, fertig ist der beliebte Bestseller. Die Hauptsache ist, dass Whisky nach Torf oder Erde schmeckt. Ich sage euch, so bekommen die vermeintlichen Destillerien das hin. Dieses ganze Gelaber von aufwändigen Rezepturen und ewig langer Lagerung und Reifung ist nichts anderes als Lüge. Geheimniskrämerei und so weiter. Feindverwirrung. Der Erfolg liegt in der Einfachheit. Und es ist bis heute eines der am weitesten verbreiteten Märchen, dass Whisky ursprünglich  aus Schottland stammt.

Hier die wahre Geschichte: Onno Heydt (geb. Onnen, alle Namen frei erfunden, weil ich die echten nicht nennen darf) aus Reepsholt im damaligen Osnabrücker Reich befand sich in einem Herbst vor etwa 40.000 Jahren zusammen mit einigen Kumpels im Moor, ganz in der Nähe seines Heimatdorfes.

Die Stimmung war ausgelassen und alle trugen lila Trickots, weil der VfL Osnabrück in der Championsleague gerade Real Madrid mit sage und schreibe 3:0 abgefertigt hatte. Und nachdem die Männer ausreichend Torf für den nahenden Winter gestochen hatten, war endlich die Zeit für einen Umtrunk gekommen.

Erst die Arbeit und so weiter, na ja, ihr kennt das.

Onno kramte eine Flasche Doppelkorn aus seinem wasserdichten Otterfell-Rucksack von Jack Wolfskin hervor. Weil sie zuvor nichts gegessen, dafür aber hart gearbeitet hatten, waren alle Männer nach nur wenigen Minuten sternhagelvoll. Ammo Onnen, ein Cousin Onnos, fiel im Übermut die Pulle aus den Händen. Sie plumpste in den Torfstich. Dort hatte sich inzwischen wieder dunkles Moorwasser angesammelt, weil die Pumpe ausgefallen war. Habbo Saathoff, der 20 Jahre ältere Lebensgefährte von Ammo, war noch nicht ganz so besoffen wie seine Kollegen und reagierte schneller als sie. Doch nicht schnell genug. Denn in der Flasche befand sich nun jenes geheimnisvolle Gemisch, das man viele Jahre später Whisky nennen sollte...


Zurück zu den Molchen.

Das finstere Wasser hatte natürlich auch einen Nachteil.

Die Tiere waren automatisch nicht mehr scharfzustellen, sobald sie sich auch nur einen Millimeter von der Scheibe entfernten:

Hier ruhte das Männchen aber direkt hinter der gläsernen Front.

Deshalb kann man sehr schön die mit breiten Hautsäumen versehenen Zehen des Fußes erkennen, die der Teichmolch auch besitzt.

Und irgendwie haben diese Aufnahmen von Molchen in dieser finsteren Brühe doch auch etwas Geheimnisvolles:




Ich wollte trotzdem klareres Wasser!

Zum Glück hatte es den Tag zuvor immer wieder heftig geregnet.

Pfützen sollten mein Projekt und mich am Ende retten. Und weil die Sicht jetzt um Längen besser war, konnte ich nun auf Autofokus umschalten. 

Er arbeitete plötzlich einwandfrei:

Die ersten 13 Bilder dieses Beitrages hatte ich bereits mit dem Pfützenwasser gemacht.

Jetzt gab es klare Sicht, die Tiere sahen mit einem Mal noch viel schöner aus als zuvor, wie ich finde.

Sehr attraktiv finde ich auch die Schwebstoffe im Wasser, die aber leider mit der Zeit zu Boden sanken. Aufgewirbelt hatte ich sie selbst, obwohl ich das neue Wasser vorsichtig ins Aquarium laufen ließ:

Ventralansicht:

Ein männlicher Teichmolch würde auf der Unterseite auf eher orangefarbenem Grund dicke, runde und schwarze Flecken zeigen.
 
Dorsalansicht:


Der Fadenmolch zeigt neben dem kaum ausgeprägten Kamm auch noch zwei längs verlaufende Rückendrüsenleisten, die ihn im Querschnitt kantig erscheinen lassen. 

Dem Teichmolch fehlen diese Leisten, er hat dafür aber einen sehr hübschen hohen und an der Schwanzbasis nicht unterbrochenen Kamm. Für mich ist er, der häufigste unserer heimischen Molche, eindeutig auch der hübscheste.

Winke, winke:

Supermäään (Teil 2) schwebt schwerelos durch Zeit und Raum:


Der Nachweis des Fadenmolches im Collrunger Moor ist für mich eine tolle Sache!

Und wenn ihr auf der ostfriesischen Halbinsel lebt und einen Gartenteich besitzt, in dem Molche abhängen, dann solltet ihr mal nachsehen, ob das wirklich immer Teichmolche sind.

Vor allem Gebiete, die sich zwischen dem Collrunger Moor und dem Ammerland befinden, wären in dieser Hinsicht interessant. Ich bin mir sicher, dass es dort noch die eine oder andere bislang unentdeckte Population von dieser Art gibt.

Das Stapeler Moor und auch das Neudorfer Moor wären solche Gebiete, die eine Überprüfung verdienten!

Alle heimischen Molcharten verbringen nur einen Teil des Jahres im Wasser. 

Wenn die Laichzeit im Juni ausklingt, geht es für die Tiere zurück in ihren Sommerlebensraum, wo sie ein sehr verborgenes Dasein fristen. 

Tagsüber verstecken sie sich unter Baumstubben, in Erdlöchern und so weiter, und nachts gehen sie auf die Jagd. Alle heimischen Molche ernähren sich ausschließlich von anderen Tieren. Im Grunde wird jeder aufgegessen, den man so als kleiner Molch überwältigen kann. Von winzigen Mückenlarven während der Zeit im Wasser bis hin zu Nacktschnecken, Spinnen und Käfern im Landlebensraum. 

Tja, und so gehen die Tage ins Land.

Doch irgendwann kommt der Herbst.

Dann muss man als Molch ein frostsicheres Winterquartier finden. Auf der Suche danach gelangen diese Tiere immer wieder in Fensterschächte oder gar Kellerräume. Und selbst wenn sie dort erfolgreich überwintern könnten, was selten der Fall ist, wäre ein Entkommen aus dieser Lage im kommenden Frühjahr in den allermeisten Fällen nicht mehr möglich. Tod durch Austrocknen, Verhungern oder beides in Kombination wäre die traurige Folge.

Man kann Abhilfe schaffen, indem man die Schächte regelmäßig reinigt und im Herbst einmal am Tag kontrolliert. Im Falle der Kellertür sollte man darauf achten, dass sie nachts nicht geöffnet ist.

Und das nicht etwa nur wegen der Molche.

Denkt an Eduard Zimmermanns mahnende Worte!


Nachtrag: Google Maps schreibt das Collrunger Moor mit K, ebenso ist es im entsprechenden Wikipedia-Artikel.

Auf meiner geilen alten Karte wird es aber mit C geschrieben. Darüber hinaus gibt es einen Collrunger Forst und eine Collrunger Straße.

Und auch der Ort selbst wird mit C geschrieben, wie dieses Schild zeigt:

Ich werde den Namen des Moores also auch künftig so schreiben, wie ich es hier immer getan habe.

Collrunge ist übrigens ein Ortsteil von Ardorf, das wiederum zur Stadt Wittmund gehört.

Ist das geil?